Deutsch zu vermitteln will gelernt sein

(sl) Im Studium zählt es nicht zu den Schwerpunkten und ist aktuell wichtiger denn je: Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache zu vermitteln will gelernt sein. Ein Blick in den Alltag eines Bonner Gymnasiums.

Es ist Dienstag – ein ganz normaler Schultag im Clara-Schumann-Gymnasium der Bundesstadt. Schulleiterin Angela Maintz begleitet uns in Raum A107 – in die schulische Heimat von Kindern, die als Flüchtlinge oder Zuwanderer nach Bonn und ans „Clara“ gekommen sind. Die so genannte Internationale Vorbereitungsklasse (IVK) umfasst 16 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren. Deutsch als Zweitsprache bestimmt wesentlich ihren Stundenplan. Zwölf der 30 Wochenstunden werden Vokabeln und Grammatik gewidmet. „Doch der Arbeitsschwerpunkt in allen anderen Fächern liegt auch auf Deutsch“, betonen Angela Maintz und ihr Stellvertreter Manfred Theis.

Luka (11) ist eines dieser Kinder. Er stammt aus Serbien, lebt seit knapp einem Jahr in Deutschland. In nahezu perfektem Deutsch beantwortet er die Frage, ob es ihm schwer falle, die für ihn fremde und neue Sprache zu lernen. Klare Antwort: „So schwer ist Deutsch doch gar nicht. Die Regeln sind leichter als bei uns. Hier hat jedes Wort seinen festen Platz im Satz.“ Zustimmung kommt von den Klassenkameraden. Alle haben ihn verstanden. Auch jene, die gerade erst einmal drei oder vier Monate ihre IVK besuchen.

So leicht, wie sich die Kinder beim Erlernen der Sprache tun, fällt es dem traditionellen deutschen Lehrer nicht, sie zu vermitteln. Manfred Theis weiß, warum: „Deutsch ist für uns ja selbstverständlich. In den wenigsten Fällen mussten wir in der Vergangenheit unseren Schülern beispielsweise die deutsche Grammatik erklären.“ Er und seine Chefin sind froh, auf Lehrkräfte zurückgreifen zu können, die im Studium gelernt haben, Deutsch als Zweitsprache (DaZ) beziehungsweise Deutsch als Fremdsprache (DaF) zu unterrichten. Anette Blang gehört dazu. Gemeinsam mit Petra Flspöhler leitet sie die IVK.

Alle Mitglieder ihres Lehrerteams verfügen über das erforderliche DaZ-Zertifikat. Entweder aus Studienzeiten oder weil sie es im Rahmen der vielfältigen Fortbildungsangebote erworben haben. Sie gibt es seitens des Landes, der Bezirksregierung, der Universität, von privaten Anbietern oder etwa beim Goethe-Institut als Fernstudium oder Kompaktseminar. Wer als DaZ/DaF-Lehrkraft tätig werden darf, entscheidet letztlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF). Lehrkräfte, die über ein in Deutschland abgeschlossenes DaZ/DaF-Studium verfügen, werden sofort zugelassen. Solche, die ein Studium nicht nachweisen können, müssen an einer Zusatzqualifikation teilnehmen. Das BaMF entscheidet in diesen Fällen auch, ob die Bewerber eine verkürzte Zusatzqualifikation (70 Unterrichtsstunden) oder 140 Stunden absolvieren müssen.

Anette Blang verfügt über beste Erfahrungen beim Unterrichten von Deutsch als Zweit- und Fremdsprache. Schließlich arbeitete sie dreieinhalb Jahre an der Internationalen Schule in Lissabon. Sie ist aber überzeugt, dass ihr nicht nur die Tätigkeit im Ausland geholfen hat. „Grundsätzlich tut man sich leichter, wenn man mit Fremdsprachendidaktik vertraut ist“, betont sie. Anne-Sophie Matheron pflichtet ihr bei. Die Französin absolviert derzeit ihr Praxissemester und unterstützt die IVK-Lehrer am „Clara“ jeden Dienstag. Der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern im Wochentakt lässt sie immer wieder erstaunt feststellen, welche Fortschritte sie in diesen wenigen Tagen machen. „Ich bin völlig fasziniert, wie weit die meisten schon sind, und auch überrascht, dass sie sich inzwischen untereinander auf Deutsch unterhalten.“ Eine „Abstimmung“ in der Klasse untermauert den Eindruck der jungen künftigen Pädagogin. Die große Mehrzahl der IVK-Schüler bestätigt, dass sie auch daheim versuchen, mit der Familie Deutsch zu sprechen. Einige bringen die Sprache sogar ihren Eltern und Geschwistern bei.

Im „Clara“ haben sie selbst erfahren und gelernt, wie Sprachkenntnisse vermittelt werden. Das nutzen sie. Viel Gestik ist beispielsweise angesagt, wenn keinerlei Deutschkenntnisse vorliegen. Doch mit jeder Unterrichtsstunde, mit jeder Übung erweitern sie ihren Wortschatz und ihre Grammatikfähigkeiten. Manfred Theis bringt es noch einmal auf den Punkt: „Für die Kinder, die als Flüchtlinge oder Zuwanderer zu uns kommen, ist es im Grunde so wie für jedes andere Kind an unserer Schule. Sie lernen eine Fremdsprache.“ Die Herausforderung liegt bei den Lehrkräften.

Der haben sich die Lehrerinnen und Lehrer an diesem Bonner Gymnasium gestellt. Um sich gegenseitig zu unterstützen und sich stets auf dem Laufenden zu halten, haben sie eine eigene DaZ-WhatsApp-Gruppe gegründet. Auf eine Nachricht warten sie bislang allerdings vergeblich. Noch hat die Stadt Bonn nicht signalisiert, dass sie mit dem Umbau einer leerstehenden Hausmeisterwohnung in Klassenräume beginnt. Und so dient eine ehemalige Putzkammer als Differenzierungsraum. Ihn nutzen die IVK-Lehrkräfte besonders dann, wenn sie zu zweit mit der Klasse arbeiten. Dies ist in zehn Unterrichtseinheiten der Fall und erleichtert